Gassenleben
Unaufhörlich dröhnt und summt und blitzt und leuchtet und duftet und drängt es von allen Wänden, von allen hohlen Dächern und gefüllten Scheiben, die uns engen, unaufhörlich treibt uns der stockende Gang der Mit-Menschen weiter durch die Straßen, Gassen, Läden, Zelte, als gebe es weder Außen noch Innen, Aus noch Ein, bis die Sinne nichts mehr halten.
Ungenutzt scheint nichts in diesem Meer aus Wunsch und Verlangen, nicht gefragt, genötigt, verführt nirgends eine Ruhe versprechende Stelle zu sein zwischen Nippes und Mode und Bratwerk und Plakaten und anderem Tand und hastig versprühten Botschaften an Eingeweihte nur oder ans Nichts;
Bis der Blick in eine Gasse fällt.
Der Strom verstummt vor diesem Bild; eine alte Frau schiebt sich, den Kopf gesenkt, kaum sichtbar, die Hände in den Taschen der mit vernachlässigten Wänden verschmelzenden Jacke schwerfüßig über das Pflaster; das nebeltrübe, dunkle Licht der Laternen durchscheint, schüttert seltsam ihr Haar, wirft ihre Schatten um sie, als benötige sie keine mehr, leuchtet ihr barmherzig doch sparsam Meter für Meter den Weg vom Gaukelleben der Straße hinter ihr, denn hier zeigt es sich erst, wie es wirklich ist: im unbedeutenden Gang durch die nächtliche Gasse nach Hause. Doch bald ist es das nicht mehr, verharrt im betroffenen Blick des Betrachters, bannt sich das Bild zum Symbol, zieht es ins Ewige fort und verweigert der heimwärts schwindenden Alten, Gedanke geworden, den Abschied. Bis beide vollends im Nebel verschwinden.